21.12.2010 16:00
Euronews:
„Herr Lukaschenko, haben Sie sich nach dem Befinden des Kandidaten Wladimir Nekljajew erkundigt, der gestern ernsthaft verletzt wurde. Wo befindet er sich denn überhaupt? Denn die „Bilder“ mit dem bewusstlos geschlagenen Nekljajew sind um die Welt gegangen. Wollen Sie, dass sich die Welt aufgrund dieser „Bilder“ das Belarus beurteilt oder wollen Sie etwas verändern?“
Alexander Lukaschenko:
“Wissen Sie, ich lebe nicht in einem Belarus der virtuellen Bilder. Das zuallererst. Zweitens will ich Sie korrigieren – die Präsidentschaftswahlen in Belarus sind anders ausgegangen, wie Sie es beschrieben haben. Alles ist nach den Wahlen vorgefallen. Was den Gesundheitszustand des Ex-Präsidentschaftskandidaten angeht, so haben wir in Belarus ein sehr gutes Gesundheitssystem, womöglich besser als in Frankreich. Alle, auch Ex-Kandidaten werden bei uns gut versorg. Ich bin kein Arzt und will mich in diese Angelegenheiten nicht einmischen. Wenn Sie dieses Handgemenge meinen, die angerichtet wurde und wo auch noch minderjährige und ausgelassene junge Leute verwickelt wurden, so vermute ich, dass Sie jene Bilder gesehen haben. Ich wünsche mir, dass Sie diese Bilder sehen und nicht nur jene, wo ein Kandidat am Auge verletzt wurde. Ihnen ist sicher die Stellungnahme seines Wahlkampfleiters bekannt, der nicht die Polizei für das geschehene verantwortlich macht. Das alles sind ihre Angelegenheiten, die sie unter sich regeln sollen. Wir lassen uns da rein nicht einziehen“
Euronews:
“Hunderte Demonstranten wurden festgenommen, viele von ihnen von der Polizei zusammen geprügelt, 7 Präsidentschaftskandidaten sind inhaftiert – derart Vorgehen ist präzedenzlos. Meinen Sie nicht, dass die Sicherheitskräfte zu brutal gegen die Protestierenden vorgegangen sind? Warum diese brutale Reaktion? Haben Sie etwa Angst vor der Opposition?”
Alexander Lukaschenko:
„Wissen Sie, ich fürchte Ihre europäischen Strukturen nicht – reden wir mal offen. Ich habe nur eine Sorge – ich als amtierender Präsident von Belarus habe mein eigenes Volk und muss für den Frieden und Sicherheit dieses Volkes sorgen. Alles, was gestern geschehen ist, wurde aufgezeichnet, auch von den ausländischen Journalisten, von Euronews. Wenn Sie ehrlich sind, zeigen Sie bitte alles, was passiert ist. Das waren Ausschreitungen, die Hintermänner und Teilnehmer sollen dafür verantworten. Und sie werden zur Verantwortung gezogen – nicht von mir. Ich hab das nicht nötig, ich bin nicht rachsüchtig. Sie werden laut Gesetz vor dem ganzen belarussischen Volk verantworten. Wenn etwas Ähnliches in Frankreich passierte, müssten sie nach französischem Gesetz verantworten. Übrigens haben wir – im Unterschied zu Frankreich – in diesen frostigen Tagen weder Tränengas noch Wasserwerfer gegen Demonstranten eingesetzt. Deshalb sind wir von Ihrer Demokratie noch weit entfernt“
Euronews:
“Können Sie uns ihre Version der Geschehnisse schildern. Haben die Leute etwa gegen das Gesetz verstoßen?”
Alexander Lukaschenko:
„Sie haben nicht nur gegen das Gesetz verstoßen. Sie haben sich ungeachtet des verhängten Demonstrationsverbots auf dem Platz versammelt, den Autoverkehr im Zentrum der Stadt lahmgelegt, sind zum Regierungssitz gegangen, haben das Regierungsgebäude zerschlagen, Glasfenster und Türen eingeschlagen. Sehen Sie sich die euronews-Bilder an. Fragen Sie ihre Journalisten danach. Das Regierungsgebäude wurde gestürmt. Das war die Hauptsache. Natürlich musste die Polizei angemessen reagieren. Sie hat viele Teilnehmer festgenommen, auch Hintermänner. Und es sind weder 8 noch 9 Ex-Kandidaten in Haft, sondern - meines Wissens – 2 oder 3, wollen wir mal ehrlich sein. Deshalb sehen Sie sich die Aufnahmen. Wenn euronews ein ehrlicher Sender ist, und ich schaue mir Ihre Nachrichten von früh bis spät an, so zeigen Sie, bitte, diese Bilder, zeigen Sie, was in Belarus geschehen ist, was auf dem Platz angerichtet wurde.
Euronews:
“Internationale Wahlbeobachter weigern, diese Wahlen als frei und demokratisch anzuerkennen, nicht zuletzt wegen gewaltsamen Vorgehens der Polizei und Kritik an Stimmenauszählung. Fühlen Sie sich nicht enttäuscht?”
Alexander Lukaschenko:
“Alexej, Sie haben das falsch formuliert. Alles, worüber die Bebachtungsmission berichtet hat, ist ein riesiger Fortschritt im Vergleich zu 2006. Das ist ein Fortschritt. Und glauben Sie mir, dass auf dieser Grundlage unsere Beziehungen mit Europa aufgebaut werden können. Wer die Lage in Belarus unvoreingenommen sehen möchte, der sieht sie auch so. Deshalb fühle ich mich deswegen nicht enttäuscht, wie Sie gesagt haben. Das ist der erste Punkt. Zweitens haben wir die Wahlen für uns abgehalten und nicht für die OSZE-Mission. Wir haben alle eingeladen, die kommen wollten. Wenn sie etwas gesehen und eingeschätzt haben, wie ich heute gesagt habe, so gab es etwas zu sehen und einzuschätzen. Bei diesem Thema bin ich ganz entspannt. Ich bin überzeugt, dass wir mit Ihnen – mit Frankreich, mit der EU – viele Probleme in der nächsten Zeit aus dem Weg räumen werden. Alles wird vorübergehen. Manches ist angeschwemmt. Ich fordere Sie auf, objektiv zu sein. Euronews kann nicht unobjektiv sein. Bisher gab es im Zusammenhang mit Belarus zu wenig Objektivität.
Euronews:
“Hat der russische Präsident Sie zum Wahlsieg beglückwünscht?”
Alexander Lukaschenko:
“Wissen Sie, ich habe den halben Tag in der Pressekonferenz verbracht. Ich werde gleich die ganze Post prüfen. Nasarbajew, Hugo Chavez haben mich angerufen, andere Präsidenten haben Glückwunschschreiben geschickt. Aber da ich sehr lange auf der Pressekonferenz war, habe ich keine weiteren Informationen. Ich gehe meine Post durch und teile Ihnen alles mit”.
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